Spannende Ansichten. Ich war schon in Elversberg. Das Stadion ist wirklich Regionalliga, aber war auch urig mit offenem Holzkohlegrill und co. Einlass und Orga waren deutlich besser als bspw. in Wiesbaden oder je nach Jahr auch beim Pokalfinale in Berlin.
Trotzdem ist mir jeder Elversberg-Auswärtsfahrer lieber als der 100. BVB oder München (hier beliebig einsetzen) Internet Erfolgsfan. Als ehemals "aktiver" Fußballfan gehört meiner Meinung nach wesentlich mehr dazu, mit einer kleinen Gruppe Auswärtsfahrer Wochenende für Wochenende mit dem lokalen Verein durch die Republik zu pilgern, als einfach auf den Erfolgszug eines großen Vereins aufzuspringen.
Am besten 100km+ entfernt wohnen, es alle paar Jahre mal es ins Stadion schaffen und sich dann einen auf die geile Fanbase des Traditionsvereins keulen, den man sich "ausgesucht" hat.
Auch wenn Elversberg erstmal nichts anderes als ein Hoffenheim 2.0 ist, aber sie haben ein deutlich besseres Standing in ihrer Gemeinde.
Vielleicht hätte Herr Hopp doch eher Waldhof mehr umschmeicheln sollen... oder einfach weniger Machthungrig sein.
Da du ja jetzt mehrfach auf Herrn Hopp und co. rumgeritten hast. Hier mal ein kleiner Ausflug in die Geschichte deines geliebten FC, mein stichelnder Kommentar zuvor war nicht einfach nur daher gesagt:
Tatsächlich verdient Köln es mMn, in einem Atemzug mit den viel kritisierten sogenannten „Retortenclubs“ wie RB Leipzig, TSG Hoffenheim, VfL Wolfsburg oder Bayer Leverkusen genannt zu werden.
Der 1. FC Köln entstand 1948 durch die Fusion zweier traditionsreicher Kölner Vereine: Kölner BC und der SpVgg Sülz 07. Die Gründung erfolgte ohne Rücksicht auf die gewachsene Vereinsidentität, Geschichte und Fanbasis der beiden vorherigen Clubs. Das erinnert stark an die Übernahme des SSV Markranstädt durch Red Bull - inkl. der erheblichen Auswirkungen auf die lokalen Größen in Leipzig: Chemie und Lok.
Der Name „1. FC Köln“ sollte offensichtlich den Eindruck von historischer Bedeutung erzeugen. Tatsächlich war er nie der erste Fußballverein der Stadt – vergleichbar mit dem symbolischen 1899 im Namen von Hoffenheim.
Franz Kremer, der erste Präsident, gründete den Verein mit dem klaren Ziel, Spitzenfußball nach Köln zu bringen – vor allem, um sich selbst zu profilieren. 1:1 wie heutzutage Dietmar Hopp in Hoffenheim oder Mateschitz in Leipzig.
Kremer war von Beginn an alleiniger Entscheidungsträger und führte den Verein bis 1967 ohne nennenswerte demokratische Strukturen. Aus heutiger Sicht wurde beim 1. FC Köln klar an der
50+1-Regel vorbeigearbeitet. Siehe Kremers Spitzname: "Der Boss" Bekannt für seine autoritäre Führung.
Die frühen sportlichen Erfolge des Vereins hingen ausschließlich mit Kremer zusammen – wie bei Hopp oder Mateschitz. Auch hier war es nicht gewachsene Vereinsstruktur, sondern gezielte Einflussnahme, die den Erfolg brachte. Nach Kremers Tod 1967 hatte der Verein zunächst große Schwierigkeiten – der Klassenerhalt 1968/69 wurde nur knapp geschafft. Nur als Beleg, wie sehr der Club von einer einzelnen Person abhing – vergleichbar mit Wolfsburgs Krisen nach der Meisterschaft oder Leipzigs Umbruchphasen.
Später wurde dann auch ein ehemaliger Ford-Manager Präsident. (Albert Caspers). Der vor allem wegen der wirtschaftlichen Probleme des FCs geholt wurde. Die Sanierung war erfolgreich mit Rückendeckung von Ford. Eine wirtschaftliche Verflechtung die zwar nicht so extrem wie bei den üblichen Verdächtigen ist, aber auch nicht unbemerkt bleiben sollte.
Ein kleiner Abstecher (zu der wirklich respektablen und starken) Fanbasis:
Der 1. FC Köln hatte zu Beginn keine generationenübergreifende Fanstruktur – denn als neuer Club konnte es keine Väter oder Großväter geben, die ihre Kinder mitnahmen. Die Fans kamen erst mit dem Erfolg – ein klassisches Phänomen der „Erfolgsfans“, wie es Hoffenheim, Leipzig oder Wolfsburg oder jetzt zu Recht: Leverkusen häufig vorgeworfen wird.
Der Unterschied zwischen Köln und den heutigen Retortenclubs liegt nur im zeitlichen Abstand. Die Historie vom FC zeigt, dass auch künstlich geschaffene Clubs über Jahrzehnte hinweg Fans gewinnen und zur (vermeintlichen?) Tradition werden können. Das zeigt aber auch, dass auch Leipzig, Hoffenheim oder Wolfsburg in einigen Jahrzehnten ähnlich wahrgenommen werden könnten.
Wenn man ehrlich ist, müsste man sagen:
Hoffenheim(1945), Wolfsburg(1945), Köln(1948!) und Leipzig(2009) – alle keine echten Traditionsvereine.
Wenn man konsequent ist, könnte man das ganze Traditionsgelaber jetzt noch weiter aufspannen und es wie Freiburg sehen. Aber der Rundumschlag zum Thema Aktiengesellschaften und co. sprengt dann doch den Rahmen: