Aber was willste halt machen, wenn irgendwas Nikotinverseucht ist
Ich habe da mal so einen Spezialreiniger für Nikotinrückstände gekauft, basierend auf Wasser und einem hohen Anteil nichtionischer Tenside.
Nikotin ist ja amphiphil und auf Grund seines Stickstoffs grundsätzlich (mäßig) wasserlöslich. Mit nichtionischen Tensiden in Verbindung mit warmem Wasser werden die Nikotinreste sehr gut gelöst und emulgiert. Die nichtionischen Tenside reduzieren zudem die Oberflächenspannung, wodurch sich selbst verharzte Nikontinreste von Oberflächen wieder ablösen.
Du kannst auch PEG-Lösungen dafür hernehmen, die dir aus dem Krankenhaus ja auch gut bekannt sein dürften
Die beiden Ansätze sind auf jeden Fall auch für die Dichtungen ungefährlich, selbst im minutenlangen Vollbad.
Nicht einwirken, nicht versenken, nicht 5 minuten, 20 minuten, Stundenlang reagieren lassen !
Naja das muss manchmal auch gar nicht lang sein. Nichicon hat da mal eine riesige Studie und Analyse zu verfasst, ich suche das die Tage mal raus aus dem Archiv, finde das gerade nicht mal eben wieder, das war tief im Material zur Information für OEMs vergraben...
Jedenfalls ist es so, wenn ich das alles noch richtig im Kopf habe, dass sie mit verschiedenen Mitteln experimentiert haben um zu schauen, welche Mittel es schaffen können an der Dichtungsbarriere vorbei zu kriechen.
Grob zusammengefasst sind die typischen Butyl- / EPDM-Dichtungen oder welche auf Silikonbasis zwar mechanisch dicht, aber nicht hermetisch verschweißt. Das bedeutet, dass es viele kleine mikroskopische Spalte zwischen Metallbecher und Dichtungsfläche gibt, welche Stoffe mit extremen Kriecheigenschaften in diese Mikrospalten förmlich "einsaugt" (Kapillarwirkung).
Da im Kondensatorinneren (sofern er nicht defekt ist) kein Überdruck besteht, gibt es keine Kraft von innen, die gegen ein Eindringen wirkt. Das Elektrolyt hingegen, meist aus ionischen Flüssigkeiten, Glykolen etc., hat eine so hohe Viskosität und damit extrem schlechte Kapillarwirkung, dass es von sich aus nicht bestrebt ist von innen "auszutreten" und die somit die rein mechanisch verpresste Becherdichtung ausreicht, um den Kondensator vor dem Auslaufen zu sichern. Andererseits besteht aber halt Möglichkeit dass andere Stoffe eindringen können.
Es gibt dann halt Reiniger, die mit Stoffen versetzt sind, die potentiell molekular so aufgebaut sind, dass sie in den Kondensator an der Dichtung vorbei eindringen können. Das hat je nach Stoff in den Versuchen schon ausgereicht die Platine um den Kondensator mit einem Spray zu besprühen und das Zeug hat sich innerhalb kürzester Zeit unter dem Becher entlang an den Beinchen hochgearbeitet. Ist es da erstmal angekommen, setzt es seinen Weg in den Kondensator fort. Solche Stoffe sind meistens polar und besitzen damit eine sehr hohe Adhäsion an Metallen und Kunststoffen / Gummis und gleiten super an Grenzflächen entlang.
Die meisten Lösungsmittel besitzen z.B. auch solche Eigenschaften, sie haben super kleine Moleküle, eine extrem niedrige Oberflächenspannung und kriechen in jede noch so kleine Ritze um das zu tun, was Lösungsmittel nunmal gut können

Deswegen steht ja auch bei vielen Kondensatoren selbst in den normalen Datenblättern schon dabei, dass man nie und nimmer, unter keinen Umständen Reiniger mit Lösungsmitteln einsetzen darf.
Es gibt da wie gesagt eine Vielzahl an Stoffen, die fähig sind, die Dichtungsbarriere zu durchschreiten, weshalb man sich vorher immer ganz genau anschauen sollte, was in solchen Reinigern drin ist. Nur weil sie frei verkäuflich sind, heißt das ja nicht, dass sie für Bauteile ungefährlich sind.
Die Probleme, die durch den Kontakt mit solchen Stoffen entstehen können, sind zudem nicht unbedingt kurzfristig geprägt, sondern in den meisten Fällen setzt sich durch den Eintrag der Stoffe in den Kondensator / das Elektrolyt eine chemische Reaktion in Gange, die mal mehr, mal weniger schnell abläuft und in Ihrer Wirkung unterschiedlich sein können. Es können erhöhte Leckströme auftreten, es kann sich die Kapazität verändern, es können dadurch wiederum andere Prozesse angestoßen werden, die das komplexe chemische Gleichgewicht stören und langsam eine Zerstörung einleiten, z.B. durch den Verlust der Selbstheilung des Kondensators etc... Am Ende läuft es immer darauf hinaus, dass
mittel- bis langfristig die Wirkung sichtbar wird und die effektive Lebensdauer, bzw. die Leistungsfähigkeit des Kondensators geschwächt oder zerstört wird.
Deswegen, ich wollte dir nicht zu nahe treten, aber da wurde schon ordentlich zu geforscht und manche Dinge sollte man, egal wie lang oder kurz die Einwirkung ist, einfach nicht an ein Bauteil heran lassen, wenn man um die Schwachstellen und Anfälligkeiten für manche Stoffe schon weiß und daher lieber genau schauen, was sich so alles in einem Reiniger verbirgt
